Direkt zur Hauptnavigation springen Direkt zum Inhalt springen Zur Unternavigation springen

Stressmanagement: Es beginnt bereits beim Bewerbungsgespräch

Lange Arbeitszeiten, emotionale Herausforderungen und Personalmangel. Die Arbeit in der Medizin kann eine hohe Belastung darstellen und zu einem beeinträchtigenden Stresslevel führen. Effektive und spezifische Strategien zur Stressbewältigung helfen, sich selbst gesund zu erhalten.

Lange Arbeitszeiten, emotionale Herausforderungen und Personalmangel. Die Arbeit in der Medizin kann eine hohe Belastung darstellen und zu einem beeinträchtigenden Stresslevel führen. Effektive und spezifische Strategien zur Stressbewältigung helfen, sich selbst gesund zu erhalten.

AUTOR: Dr. Roman Braun
Psychologe, Präsident der European Community for NLP, LSB, teamtrinergy.at

Mitarbeitende im medizinischen Bereich, die langfristig gute Arbeit verrichten wollen, müssen die Fähigkeit entwickeln, sich emotional zu dissoziieren und dadurch aus der eigenen Beteiligung teilweise herauszunehmen. Das ermöglicht, die eigene Wahrnehmung zu verlassen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Chirurgen beispielsweise decken ihre Patienten ab, sodass sie nur die Schnittstelle sehen und sich auf die „Arbeitsfläche“ konzentrieren können, ohne den Menschen dahinter zu sehen.

Wenn schwierige Entscheidungen getroffen werden müssen, ist es zudem wichtig, sich in eine taskorientierte Denkweise zu versetzen. Es gibt eine Phase, in der man sich empathisch und emotional warm gegenüber dem Patienten zu verhalten hat. Danach erfolgt aber ein Wechsel zu einer taskorientierten Herangehensweise im Patientenkontakt. So fällt die emotionale Abgrenzung leichter, was zu einer Stressminderung führt.

Für Mediziner ist also essenziell, beides zu beherrschen: die Fähigkeit zur Dissoziation und die Fokussierung auf die taskorientierte Denkweise. Auch in sehr beanspruchenden Stressphasen können dadurch eine gewisse Ruhe und eine notwendige Abgrenzung gefördert werden.

Anforderung im Quadrat

Ein weiteres Problem, das in Krankenhäusern oft zu Stress führt, ist der Personalmangel. Hier ist es ratsam, sich die täglichen Anforderungen nach dem Eisenhower-Prinzip in einem Quadrat vorzustellen: Auf der x-Achse unterscheidet man von nicht dringend bis dringend, auf der y-Achse von wichtig bis nicht wichtig. In besonders stressigen Situationen ist man vom ersten Quadranten, in dem die Aufgaben dringend und wichtig sind, gesteuert und gelenkt. Es scheint, als ob das Arbeitsleben von einem Diktator kontrolliert wird, der unser tägliches Handeln und Denken einnimmt und wenig Raum für andere Aufgaben oder für das eigene Wohlbefinden lässt. Das führt langfristig zu einer Abwärtsspirale, unter der früher oder später auch die Leistungsfähigkeit leidet.

Eine Lösung für dieses Problem liegt in einem anderen Quadranten, nämlich in den Aufgaben, die wichtig, aber nicht dringend sind, also im zweiten Quadranten. Oft vernachlässigen wir diese Aufgaben, weil sie nicht unmittelbar gelöst werden müssen. Doch wäre es klug, in diesen Bereich zu investieren. Dazu gehört das Lernen neuer Fähigkeiten im Bereich Recruiting oder Networking. Obwohl es Zeit kostet, ist es langfristig entlastend und reduziert die Macht des diktatorischen ersten Quadranten. Aufgaben, die weder dringend noch wichtig sind, können aussortiert werden, da sie keine Priorität haben. Indem Sie bewusst in den Quadranten investieren, der wichtig, aber nicht dringend ist, und gleichzeitig die nicht wichtigen Aufgaben aussortieren, können Sie eine bessere Balance im Arbeitsleben erreichen. Dies führt zu langfristiger Entlastung und ermöglicht es uns, unsere Aufgaben effektiver zu erledigen, ohne von dringenden Anforderungen und Stress diktiert zu werden.

Stressmanagement startet im Bewerbungsgespräch

Effektives Stressmanagement setzt zudem bereits beim Recruiting an. Wenn ein Team aus guten Leuten besteht, die konstruktiv zusammenarbeiten und eine gesunde Fehlerkultur leben, kann auch in Stressphasen gute Arbeit verrichtet werden. Auf bestimmte förderliche Fähigkeiten sollte daher bereits im Bewerbungsgespräch geachtet werden. Besonders Führungskräfte können weiters durch gemeinsame Morgenrituale oder regelmäßige Gespräche mit den Mitarbeitern zusätzlich dafür sorgen, dass Stress im Team nicht überhandnimmt.

Dr_Roman_Braun.jpg
Dr. Roman Braun. Foto: Trinergy
Quadrant.jpg