Mit dem Körpergewicht der Mitarbeiter hat es wenig zu tun, wenn von schlanken Prozessen die Rede ist. Dennoch sind Parallelen zu herkömmlichen Diäten nicht von der Hand zu weisen, wenn es um schlankes Spitalsmanagement geht. Es muss abgespeckt werden und Verhaltensänderungen sind erforderlich.
Eine schlanke Produktion war das Erfolgsrezept des Autoherstellers Toyota und wird mittlerweile von vielen Unternehmen kopiert. Auch im Gesundheitswesen hat der Trend zu „Lean Management“ Einzug gehalten und soll Spitäler effizienter und effektiver werden lassen. Doch kann die Behandlung von Menschen tatsächlich mit jener der Autoherstellung über einen Kamm geschoren werden? Geht es nach Prim Priv.-Doz. Dr. Thomas Hausner, dem Ärztlichen Leiter des AUVA-Standortes Lorenz Böhler in Wien, dann ja! Im Unfallkrankenhaus sollen künftig die Bürokratie reduziert, Wege verkürzt und die Patienten in den Mittelpunkt gestellt werden. „Wir optimieren die Prozesse nicht, um einzusparen oder uns berühmt zu machen. Das Ziel muss es sein, mehr Zeit für unser Kerngeschäft, die Behandlung der Patienten zu haben“, sagt Hausner. Wie das gelingen kann, weiß der Spitalschef genau: „Ärzte müssen vor allem von der administrativen Arbeit befreit werden. Wir müssen unternehmerisch denken und dem Motto ‚der Kunde ist König‘ folgen. Auch Patienten sind Kunden, nur eben für den Unternehmer Spital“, ergänzt der Mediziner.
Abläufe müssen überdacht und neu aufgesetzt werden und nicht auf die Administration sondern auf die Bedürfnisse des Behandlungsablauf abgestimmt sein. Nur so können Wartzeiten reduziert werden, das Personal ohne Zeitdruck arbeiten und damit passieren auch weniger Fehler. Werden Patienten rascher und erfolgreicher behandelt, kehren sie schneller wieder in den Arbeitsprozess zurück – das spart der Volkswirtschaft wiederum Kosten.
Wider der Verschwendung
Das Lean-Hospital-Konzept umfasst nicht nur Ärzte und Pflegepersonal, sondern auch EDV, Administration und alle anderen Aufgabenbereiche im Krankenhaus. Das Prinzip der „Lean Production“ – im Spital vergleichbar mit der Patientenbehandlung – konzentriert sich darauf, die unternehmensinternen Abläufe zur Leistungserstellung zu vereinfachen und zu standardisieren, wie zum Beispiel die Raumplanung oder die Wege zwischen den Ambulanzen oder den Patientenzimmern und den Behandlungsräumen. „Mobile Arbeitsplätze sind ein wichtiger Schlüssel dazu, das lässt sich zum Beispiel im Spital mit mobilen Medikamenten- oder Verbandswägen lösen, und schon sind wieder unnötig lange Wege überflüssig“, beschreibt Hausner.
Besonderer Schwerpunkt von „Lean Production“ liegt auf der Vermeidung jeglicher Art von Verschwendung. Alle Tätigkeiten werden in wertschöpfende und nicht wertschöpfende Aktivitäten unterteilt. Letztere werden im Gesamtablauf ausfindig gemacht und ausgemerzt. Viele Unternehmen praktizieren die Lean-Prinzipien in der Leistungserstellung, doch Produktion und produktionsnahe Prozesse machen durchschnittlich nur 10 bis 20 % aller Kundenaufträge aus. Die restlichen 80 bis 90 % entfallen auf Tätigkeiten wie Anfragen, Einkauf, Auftragsversendung oder Entwicklung. Der Erschließung dieses ungenutzten Potenzials widmet sich „Lean Administration“.
Sprechen Sie Japanisch?
„Ich mache seit 40 Jahre Karate und spreche ein wenig japanisch, habe aber mehr als 20 Japanaufenthalte hinter mir und kann dadurch für das alltägliche Leben wichtige Ausdrücke sowie beherrsche ich sportspezifisch natürlich sehr viele Ausdrücke,“ lässt Hausner hinter die Kulissen blicken. Zwar nicht notwendigerweise Pflicht, aber dennoch hilfreich ist dieses Wissen, wenn es um Lean Hospitals geht. Dass in diesem Change-Prozess zur schlanken Organisation die Führungskräfte eine zentrale Rolle spielen, versteht sich von selbst. Und hier kommt nach dem Toyota-Vorbild neuerlich ein Ansatz aus Japan: Hoshin Kanri, ein Managementansatz, der eine Kombination von top-down vorgegebenen Zielvorgaben und bottom-up kommunizierten Umsetzungsplänen darstellt. Hoshin Kanri ist in Asien und in den USA als Ausprägung von Lean Management und stellt eine Methode dar, eine Strategie umzusetzen und kontinuierliche Verbesserung zu erreichen. In diesem Prozess werden Leadership-Fähigkeiten und Know-how entwickelt, um Prozesse signifikant zu verbessern, damit die Ziele erreicht werden können.Der Begriff lautet wörtlich übersetzt „Kompassnadel-Steuerung“ und meint das Management von Zielen und Plänen.
Der PDCA-Zyklus mit den vier Phasen Plan, Do, Check und Act bildet die Grundlage von Hoshin Kanri. Anders als bei Management by Objectives (MbO), wo kurzfristige Ziele im Vordergrund stehen, geht es dabei um radikale Veränderungen der Unternehmenskultur, die langfristig wirken. Gleichzeitig ist der Ansatz partizipativ und weniger top-down als MbO. Starke Führungsqualitäten und die sozialen Kompetenzen der Vorgesetzten tragen wesentlich zum Erfolg von Hoshin Kanri bei. Das japanische Modell ist auch mit der Balanced Scorecard (BSC) nicht vergleichbar, da hier nicht zwischen strategischen und operativen Maßnahmen getrennt wird. Hoshin Kanri legt großen Wert auf das „Wie“, also auf die Umsetzung der Strategie und verknüpft explizite Prozesse, Ziele und operative Maßnahmen.rh















