AUTORIN:
Mag. Iris Kraft-Kinz
Steuerberaterin, Unternehmensberaterin MEDplan
iris.kraft-kinzmedplan.at
www.medplan.at
Auch dem ärztlichen Haushaltsbudget wird das Weiterarbeiten zugutekommen. Gerade Besserverdiener sind voraussichtlich von der „Pensionslücke“ betroffen, die sich aus der Höchstbeitragsgrundlage von derzeit 5.850,– Euro der Sozialversicherung ergibt. Nur bis zu diesem Betrag werden die Pensionsversicherungsbeiträge des Staates gezahlt. Ab Erreichen der Höchstbeitragsgrundlage wird keine Vorsorge mehr geleistet, was sich bei gleichbleibenden Ausgaben in der Pension für Ärzte als negativ erweisen kann.
Doch wie steht es mit der ökonomischen Sinnhaftigkeit einer weiteren Berufstätigkeit? Kostet der Weiterverdienst einen Teil der hart erarbeiteten Pension, die das Finanzamt dann wieder für sich reklamiert? Wie kann man konkret in die Verlängerung gehen? Sollte man in der Kassenordination bis zum Alter von 70 Jahren weiterarbeiten oder besser als Wahlarzt tätig werden? Viele Fragen, die Antworten darauf müssen wohl überlegt und auf die persönliche Situation des Arztes zugeschnitten sein. Die Beurteilung der Sinnhaftigkeit der Weiterarbeit ist ein komplexes Thema, da die Fragen der Einkommensteuer, Sozialversicherung und des Wohlfahrtsfonds zusammentreffen. Aus diesem Grund werden im Folgenden ausschließlich steuerliche Aspekte behandelt.
Das Einkommen in der Pension
In der Pension erhalten Ärzte grundsätzlich zwei Pensionsleistungen. Zum einen gibt es die staatliche Pension und zum anderen die Leistung aus dem Wohlfahrtsfonds (WFF). Wenn Ärzte das Pensionsalter erreicht haben, können sie frei wählen, welche Leistungen sie beziehen wollen – beide oder jeweils nur eine nach Maßgabe des konkreten Geldbedarfs.
Das Alter für die normale Alterspension haben Ärztinnen mit 60 Jahren und Ärzte mit 65 Jahren erreicht. Ab 1. Jänner 2024 wird das derzeitige Pensionsantrittsalter von Frauen stufenweise angehoben, und zwar um jeweils sechs Monate pro Jahr bis zum Jahr 2033: Dann dürfen Frauen auch erst mit 65 Jahren in Pension gehen.
Steuerliche Auswirkungen
Aus steuerlicher Sicht sind Ärzte, die über das gesetzliche Pensionsantrittsalter hinaus arbeiten, in der Situation, dass sie mit dem Bezug der staatlichen Pension und der WFF-Pension in einer Steuerprogression von zumindest 40 % liegen, sodass die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit wesentlich höher besteuert werden als bisher.
Dieser Umstand kann mitunter zu bösen Überraschungen führen. So müssen mitunter in der Pension Steuern nachgezahlt werden. Liegen darüber hinaus auch noch weitere Aktivbezüge vor, fällt die davon zu zahlende Steuer noch üppiger aus, zumal sich Ärzte aufgrund ihrer Pensionseinkünfte in einer höheren Steuerklasse befinden.
Folgendes Beispiel soll die Mechanismen verdeutlichen: Dr. Brigitte Ross, Jahrgang 1962, war in ihrer Aktivzeit als Allgemeinmedizin tätig. Im Jahr 2022 – ihrem letzten Jahr vor der Alterspension – zeigt ihr Ordinationsergebnis folgendes Bild. (Tab. 1)
Versteuerung der Aktivbezüge
An Steuern zahlt sie unter der Annahme, dass der Gewinnfreibetrag im Höchstmaß genutzt werden kann, 82.762 Euro. (Tab. 2)
Versteuerung der Pensionsleistungen
Seit Beginn des Jahres 2023 bezieht sie nun zwei Pensionsleistungen; einmal von der Ärztekammer in Höhe von jährlich 24.000 Euro und einmal von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in Höhe von 42.000 Euro. Für beide Bezüge wird Lohnsteuer einbehalten, einmal von WWF und einmal von der Pensionsversicherungsanstalt. Aufgrund des progressiven Steuertarifs sind beide Pensionszahlungen zusammenzurechnen, wodurch sich eine Steuernachzahlung von rund 7.000 Euro für Dr. Ross ergibt. (Tab. 03)
Versteuerung von Aktivbezügen neben Pensionsleistungen
Die Ärztin hat Freude an der Arbeit und beschließt nun, ihre Berufstätigkeit auch nach Antritt der Alterspension fortzusetzen. Würde sie nun beide Pensionsleistungen in Anspruch nehmen und darüber hinaus ihre Erwerbstätigkeit fortsetzen, ergäbe sich steuerlich folgendes Bild: (Tab. 04)
Geht man davon aus, dass von der Steuernachzahlung in Höhe von rund 102.500 Euro der Betrag von 7.000 Euro auf die Versteuerung der beiden Pensionsleistungen entfällt, ergibt sich der Steueranteil, der sich aus der Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit ergibt – konkret also 95.500 Euro. Infolge der Pensionsleistungen erhöht sich somit durch die Steuerprogression die Steuerlast auf die Aktivbezüge um 12.750 Euro. Fazit: Besonderes Animo zum Weitermachen hält das österreichische Steuersystem für Pensionisten nicht gerade bereit. Das Leistungsfähigkeitsprinzip gilt offensichtlich auch für die Best Ager, die ihr berufliches Plansoll bereits erfüllt haben und ihren Dienst weiterhin der Gesellschaft zur Verfügung stellen wollen.
Diese Darstellung soll nicht entmutigen oder vorhandenen Elan drosseln. Die Frage nach der Vorteilhaftigkeit des Arbeitens in der Pension kann nur für jeden Einzelfall beantwortet werden. Neben den Kontras gibt es auch zahlreiche Pros, die Ärzte mit ins Kalkül ziehen sollten. Unsere Empfehlung an Ärzte im „besten“ Alter: aktiv bleiben und der Berufung nachgehen. Wirtschaftliche Sinnhaftigkeit hin oder her – die Patienten schätzen hohe ärztliche Expertise!




















