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Onkologie: Lebensqualität erheben und der Betreuungsbedarf wird ersichtlich

Um eine ganzheitliche medizinische Behandlung zu gewährleisten, wird am Klinikum Wels-Grieskirchen mit Hilfe eines digitalen standardisierten Fragebogens die Lebensqualität onkologischer Patienten routinemäßig erhoben.

Um eine ganzheitliche medizinische Behandlung zu gewährleisten, wird am Klinikum Wels-Grieskirchen mit Hilfe eines digitalen standardisierten Fragebogens die Lebensqualität onkologischer Patienten routinemäßig erhoben.

AUTOR: Dr. Lukas Kutics, MSc
Assistenzarzt an der Abteilung für Innere
Medizin IV, Klinikum Wels-Grieskirchen
www.klinikum-wegr.at

Bei schweren Krebserkrankungen wird durch neue Therapiemöglichkeiten das Überleben der Betroffenen verlängert. Ein weiterer zentraler Punkt der Behandlung ist jedoch auch die Lebensqualität der Betroffenen. Dies gilt vor allem auch bei palliativen Chemotherapien. Mögliche Symptome werden im direkten Gespräch zwar erfragt, aber aus der klinischen Praxis wissen wir, dass Patienten diese herunterspielen und nicht in vollem Ausmaß davon berichten. Dies betrifft insbesondere auch psychische Belastungen. Patienten mit Krebserkrankungen des Magen-Darm-Trakts, die im Klinikum Wels-Grieskirchen eine Chemotherapie durchlaufen, erhalten daher nun pro Behandlung einen digitalen Fragebogen zur Erhebung ihrer Lebensqualität.

Erhebung via iPad

Alle Patienten, die an einer Krebserkrankung des Magen-Darm-Traktes leiden und unter laufender Chemotherapie stehen, werden mit deren Zustimmung seit Juni 2016 routinemäßig in die Erhebung einbezogen. Dafür wird nach Anmeldung an der Station ein iPad ausgehändigt, das den Fragebogen bereitstellt. Dies geschieht mittels Computer-based Health Evaluation System (CHES; ches.pro) der Firma ESD. Als Fragebogen wird der standardisierte und im europäischen Raum etablierte Lebensqualitäts-Fragebogen QLQ-C30 der European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC) verwendet. Die Patienten haben nun während der Wartezeit auf Laboruntersuchungen oder das Anamnesegespräch die Zeit, den Fragebogen auszufüllen. Das nimmt im Schnitt nur wenige Minuten in Anspruch. Direkt nach Abschluss des Fragebogens sind die Daten im Krankenhaussystem gespeichert und so für das interdisziplinäre Team mit Pflegepersonen, Psychologen und Ärzten einsehbar. Die Ergebnisse können so bereits vor der Visite evaluiert und während der Visite gemeinsam mit den Patienten besprochen werden. Diese Erhebung wird routinemäßig bei jedem geplanten Aufenthalt durchgeführt. Dadurch wird auch eine Verlaufsdarstellung der Lebensqualität ermöglicht.
Die Vorteile der elektronischen Erhebung sind, dass das Augenmerk auf wichtige Symptome gerichtet werden kann. In der klinischen Routine kann dadurch Zeit eingespart werden und Probleme, die für die Patienten oftmals sehr belastend sind, schnell identifiziert und behandelt werden. Im Gespräch mit den Patienten bleibt so auch mehr Zeit, um auf individuelle Fragen einzugehen. Durch Studien konnte belegt werden, dass durch eine grafische Darstellung der Ergebnisse die Patienten auch selbst besser in der Lage sind, Veränderungen im Rahmen der Behandlung zu interpretieren.

Betreuungsbedarf wird ersichtlich

Im Fragebogen wird speziell nach Nebenwirkungen von Chemotherapien, wie zum Beispiel Sensibilitätsstörungen, Übelkeit, Erbrechen, Schmerzen, Durchfall oder Verstopfung, gefragt. Aber auch Fragen zur Rollenfunktion bzw. sozialen und emotionalen Funktion werden thematisiert. Ein wichtiger Punkt ist auch der psychische Gesundheitszustand. Die Patienten haben durch die Erhebung zum einen die Möglichkeit, niederschwellig nach psycho-onkologischer Betreuung zu fragen, zum anderen wird für das behandelnde Team ein möglicher Betreuungsbedarf durch den Fragebogen ersichtlich und es kann direkt auf den Patienten zugegangen werden. Durch die digitale Erhebung haben Psychologen bereits vorab die Möglichkeit, sich ein Bild vom Patienten zu machen und im Gespräch gezielt auf spezielle Themen einzugehen. Ein psycho-onkologischer Behandlungsbedarf kann durch den Fragebogen oftmals frühzeitig erkannt und in die Wege geleitet werden. Zeigt sich bei der Befragung eine Einschränkung in der Rollenfunktion, kann diese direkt mit dem Patienten oder im Gespräch gemeinsam mit den Angehörigen aufgearbeitet werden. Finanzielle Schwierigkeiten, die ebenfalls mithilfe des Fragebogens niederschwellig detektiert werden können, können im Bedarfsfall rasch der klinischen Sozialarbeit zugeführt werden.

Die routinemäßige Lebensqualitätserhebung verbessert somit nicht nur die Kommunikation mit den Patienten, sondern gewährleistet auch eine ganzheitliche Behandlung und ist somit ein wichtiges Tool für den klinischen Alltag. Eine routinemäßige Erhebung wird durch die wissenschaftliche Literatur und durch Leitlinien der nationalen onkologischen Gesellschaften zwar empfohlen, hat jedoch leider österreichweit noch nicht flächendeckend Einzug in die Kliniken gehalten. Unser  Projekt wurde rezent von der ÖGHO mit dem Occursus Preis ausgezeichnet und hat sich als Ziel gesetzt, die routinemäßige Lebensqualitätserhebung am Klinikum Wels-Grieskirchen weiter auszubauen und für alle onkologischen Patienten anzubieten.

Literatur beim Verfasser.

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Nicht immer berichten Patienten im persönlichen Gespräch von allen Symptomen. Abfragen per iPad sollen helfen. Foto: Klinikum Wels-Grieskirchen / Nik Fleischmann