AUTOR: Mag. Lukas Bittighofer LL.M.
Rechtsanwalt, Wkklaw
Wien – Berlin, www.wkklaw.at
Internetportale zur Bewertung von Dienstleistungen und Produkten durch Konsumenten sind nicht neu. Dieses Konzept wird auch für die Bewertung von Ärzten, in Österreich beispielsweise auf der Plattform docfinder.at, verwendet und auch auf Google werden solche Bewertungen immer öfter genutzt. Rückenwind erhalten Ärzte aus einer erst jüngst veröffentlichten gerichtlichen Entscheidung, in der das Oberlandesgericht (OLG) Wien nunmehr einer Kinderärztin Recht gab, die sich gegen eine Rezension zur Wehr setzte.
Die negative Bewertung
Ein Nutzer bewertete die Arztpraxis mit nur einem von fünf möglichen Sternen und veröffentlichte dazu nachstehende Rezension: „Leider muss ich einen Stern geben, Keiner ging nicht. Über die ärztliche Kompetenz kann ich leider nicht urteilen (soll laut anderen Beurteilungen sehr gut sein), aber zur Menschlichen kann ich nur sagen: MISERABEL!!! Ich hatte eine Überweisung für meinen Sohn (von unserer Hausärztin) zur dringenden Untersuchung, da er starke Schmerzen trotz verabreichter Schmerzmittel hatte. Telefonisch rief ich an und bat um einen schnellstmöglichen Termin. Uns wurde sofort ein Termin in einer Stunde angeboten! Eigentlich super und toll, so schnell! Perfekt! ABER! jetzt kommts! Im weiteren Gespräch wollte man die Daten meines Sohnes wissen (was ja auch üblich ist) dabei stellte sich heraus, dass er ein neuer Patient ist (unser Kinderarzt ging in Pension) und auf einmal hieß es: „Er ist kein Patient von uns, der Termin ist gestrichen!!!!!“ […].
Die Ärztin ersuchte nunmehr Google um Löschung der Bewertung und Rezension oder zumindest um Bekanntgabe des Namens und der E-Mail-Adresse des Nutzers, um rechtliche Schritte gegen diesen einleiten zu können. Beides wurde von Google abgelehnt. Ein österreichisches Gericht teilte jedoch die Rechtsansicht der Ärztin und entschied erfreulicherweise in ihrem Sinne. Beides, also die Bewertung und die Rezension, musste gelöscht werden.
Rechte aufgrund des MedienG
Da Internet-Plattformbetreiber als Medieninhaber zu qualifizieren sind, unterliegen sie dem MedienG. Nach § 33 MedienG kann ein Antrag auf Löschung gestellt werden, sofern durch das Medium eine strafbare Handlung objektiv tatbestandsmäßig verwirklicht wird. Denkbar ist z. B. § 111 Abs. 1 StGB, die üble Nachrede, welche bei einem Wertungsexzess vorliegen kann. Der objektive Tatbestand des § 111 Abs. 1 StGB ist dann erfüllt, wenn jemand einem anderen in einer für einen Dritten wahrnehmbaren Weise eine verächtliche Eigenschaft oder Gesinnung unterstellt oder eines unehrenhaften oder gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens beschuldigt, das geeignet ist, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen. Genau dies war bei der zuvor genannten Rezension der Fall. Das OLG Wien argumentierte, dass die Bezeichnung als menschlich miserabel, wegen eines wahrheitswidrig geschilderten Vorfalls bei der beabsichtigten Terminvereinbarung, die Grenze des Tolerablen überschreiten würde. Laut Gericht unterstellte man der Ärztin durch die Rezension, dass man trotz freier Kapazitäten ein unter starken Schmerzen leidendes Kind abgewiesen hätte, weil es noch kein Patient sei. Für den Leser stellt so ein Vorgehen ein mit dem ärztlichen Berufsethos unvereinbares und unehrenhaftes oder gegen die guten Sitten verstoßendes Verhalten dar und kann die Ärztin deshalb in der öffentlichen Meinung herabsetzen. Da der objektive Tatbestand des § 111 ABs 1 StGB erfüllt wurde, mussten die Bewertung und die Rezension gelöscht werden. Darüber hinaus bekam die Ärztin wegen ihrer persönlich erlittenen Beeinträchtigung eine Entschädigung in der Höhe von 2.000 Euro zugesprochen.
Rechte aufgrund der DSGVO
Auch die DSGVO bietet Ärzten Möglichkeiten, gegen ungerechtfertigte Rezensionen vorzugehen. Betroffene können nach Art 21 DSGVO ihr Widerspruchsrecht geltend machen. Ein Arzt müsste hierzu Gründe gegen die Verarbeitung anführen, die er aus seiner besonderen Situation ableitet. So ein Grund kann zum Beispiel in einer behaupteten Beleidigung, Rufschädigung oder falschen Tatsachenbehauptung bestehen. Der Verantwortliche (Verfasser oder Betreiber der Bewertungsplattform) muss bei einem Widerspruch wiederum eigene schutzwürdige Gründe vorbringen (bspw. Informationspflichten) und diese auch beweisen, damit die Daten weiter auf deren Internetportal aufscheinen dürfen.
Jeder Betroffene hat nach Art 17 DSGVO auch das Recht auf Löschung seiner personenbezogenen Daten. Als Argument muss unbedingt vorgebracht und bewiesen werden, dass Daten durch die Plattform unrechtmäßig verarbeitet werden. Damit eine rechtmäßige Veröffentlichung des Postings überhaupt vorliegt, müssen einerseits die allgemeinen Grundsätze der Datenverarbeitung erfüllt sein, wie etwa Richtigkeit der Daten. Andererseits muss ein Grund für die rechtmäßige Verarbeitung vorliegen. Fehlt es an diesen Gründen, hat der Arzt das Recht auf Löschung und wird diese in der Regel auch erfolgreich durchsetzen können.
Der Gang zum Zivilgericht
Neben den soeben genannten Ansprüchen kann auch zivilrechtlich gegen eine Online-Plattform vorgegangen werden. Unter der Voraussetzung, dass Postings auf Plattformen ehrenbeleidigend oder rufschädigend sind, kann man gem. § 1330 ABGB die Entfernung der entsprechenden Postings verlangen. Da sich der OGH bereits mit vielen Äußerungen auf Online-Plattformen auseinandersetzen musste, kann man sich schon vorab einen guten Überblick verschaffen, wo die Gerichte die Grenzen ziehen. Als ehrenbeleidigend oder rufschädigend qualifiziert wurden Aussagen wie beispielsweise: „einer der größten Verbrecher der 2ten Republik“, „korrupter Typ“, „Der Schlechteste von Österreich – Unfreundlich, Teuer, Null Service, Null Bock“ oder „Warnung vor Haus M“. Sollten die Rezensionen in diese Richtung gehen, erscheint eine nähere Prüfung daher jedenfalls sinnvoll und sicherlich der Mühe wert.
Mithilfe bei Verfolgung des Verfassers der Bewertung
Wie bereits eingangs erwähnt, konnte die Ärztin nicht auf die Mithilfe von Google setzen und erhielt keinerlei Informationen über den Nutzer. Betreiber einer Plattform für Bewertungen sind nach Rechtsprechung des OGH auch grundsätzlich nicht verpflichtet, Bewertungen durch ihre Nutzer zu prüfen. Der Betreiber muss aber tätig werden, wenn ihm die Rechtswidrigkeit eines Postings bekannt gemacht wird. Greift ein Posting in die eigenen Rechte ein, muss der Betreiber Auskunft über die Identität des Nutzers geben, was in weiterer Folge für die durchsetzbaren Ansprüche auf Löschung und/oder Entschädigung hilfreich ist, wenn nicht sogar unabdingbare Voraussetzung darstellt.
Dass Ärzte von ihren Patienten bewertet werden, kann nicht generell untersagt werden und wird durchaus auch seine positiven Wirkungen haben. Nimmt diese Kritik aber missbräuchliche bzw. exzessive Züge an, kann und sollte – alleine schon aus wirtschaftlichen Gründen – dagegen auch mit gerichtlicher Hilfe vorgegangen werden.
















