Wie können Physiotherapeuten zu einem Empowerment beitragen?
AUTORIN: Susanne Ahmad, BSc, MSc
Physiotherapeutin, Physio Austria, Ressort Berufspolitik
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Die österreichische Erhebung zur Gesundheitskompetenz 2020 (HLS19-AT), Teil der internationalen Health Literacy Survey, ist eine Erhebung zur Messung der Gesundheitskompetenz (GK). Sie zeigt: Mehr als 50 % der Bevölkerung haben eine limitierte Gesundheitskompetenz. Das bedeutet, es bestehen große Defizite, das Wissen, die Motivation und die Fähigkeit, gesundheitsbezogene Informationen zu finden, zu verstehen, zu bewerten und anzuwenden. Daraus resultieren für den gesamten Lebensverlauf bescheidenere Kenntnisse dazu, die Gesundheit und Lebensqualität zu erhalten, sinnvolle präventive Maßnahmen in Anspruch zu nehmen und mit Krankheiten gut umgehen zu können. Als Konsequenz kommt es zu einem ungünstigeren Bewegungs- und Ernährungsverhalten, einer stärkeren Inanspruchnahme des Gesundheitssystems sowie einer erhöhten Anzahl von Krankenstandstagen.
Menschen mit maximal Pflichtschulabschluss und Menschen in finanziell prekären Situationen schätzen ihre Gesundheitskompetenz geringer ein, darüber hinaus scheint der Umgang mit Gesundheitsinformationen speziell für Menschen im mittleren Alter zwischen 30 und 59 Jahren eine Herausforderung zu sein.
Physiotherapeuten beraten und sensibilisieren
Auf Basis der Ergebnisse der Österreichischen GK‐Erhebung 2020 wurden Empfehlungen erarbeitet (BMSGPK 2021), die Politik und Praxis bei Entscheidungen über Maßnahmen zur weiteren Stärkung der GK in der Bevölkerung unterstützen sollen. Viele Maßnahmen zielen auch auf eine Verbesserung der professionellen Gesundheitskompetenz ab, denn um die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung zu stärken, benötigen die Fachpersonen ihrerseits wiederum die dafür nötigen Kompetenzen im Informations- und Wissensmanagement. Zudem müssen sie in der Lage sein, ihr gesundheitsbezogenes Fachwissen patientengerecht aufzubereiten, zu vermitteln und zu kommunizieren, damit Patienten dieses verstehen und für die eigene Gesundheit nutzen können.
Die Berufsgruppe der Physiotherapeuten kann aus vielen Gründen ein guter Partner in der Förderung der Gesundheitskompetenz sein. Physiotherapeuten sind aufgrund ihres Kompetenzprofils und durch die darin definierten Kompetenzrollen als Gesundheitsförderer und Kommunikatoren schon vom Berufsbild her gut geeignet, um auf die Gesundheitskompetenz der Patienten positiv einzuwirken. Ein Auszug aus der Rolle der Gesundheitsförderer besagt, dass Physiotherapeuten nach Abschluss der Grundausbildung über folgende Kernkompetenzen verfügen: „Verbesserung des Gesundheitsverhaltens der Klienten/Patienten durch Beratung, Sensibilisierung und Motivation sowie Anleitung und Begleitung spezifischer, gesundheitsfördernder und präventiver Maßnahmen“.
Optimierungsbedarf im stationären Bereich
Die Chancen für die Förderung der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung sind naheliegend. Mit mehr als 17.000 Berufsangehörigen, die den großen Vorzug genießen können, in der Regel längere Zeiträume an und mit den Patienten zu verbringen, erfüllen sie ein wesentliches Erfordernis, um ihre Patienten zu empowern.
Physiotherapeuten sind durch die Rolle der Kommunikatoren auch in unterschiedlichen Gesprächstechniken geschult und fühlen sich in der Vermittlung von Wissen sehr kompetent. Der physiotherapeutische Prozess beinhaltet eine ständige Aufklärung als Basis der gemeinsamen Entscheidungsfindung mit den Patienten und ermöglicht zusätzlich die Kommunikation auf vielen unterschiedlichen Ebenen. Zusätzlich sind Physiotherapeuten auch aufsuchend tätig und sind dadurch außerdem in der Lage, auch die Angehörigen der Patienten zu empowern. Dennoch gibt es bestimmt noch Optimierungsbedarf organisatorischer Rahmenbedingungen zur Förderung der Gesundheitskompetenz von Patienten in Gesprächen, vor allem in den stationären Settings.
















