Autor: Mag. Iris Kraft-Kinz
Steuerberaterin, Unternehmensberaterin MEDplan
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Endlose Arbeitsstunden, Verantwortung für Patienten und Mitarbeiter schultern, persönliche Fortbildung und administrative Hürden im Alleingang stemmen – all das ist heute bei vielen niedergelassenen Ärzten Realität. Dabei muss das nicht sein – durch Arbeitsteilung lässt sich der Arbeitsdruck massiv verringern und dadurch die Lebens- und Arbeitsqualität erhöhen. Ärzte, die sich niederlassen wollen, sollten überlegen, ob die Zusammenarbeit mit Kollegen organisatorisch, finanziell oder für die medizinische Qualität vorteilhaft ist. Dabei stehen folgende Formen zur Auswahl:
In der Praxis erweist sich die Zusammenarbeit von Ärzten als positiv, wenn die Vorteile der Kooperation für jeden einzelnen Kooperationspartner überwiegen. Deshalb sollten Ärzte prüfen, welche Aspekte für sie unverzichtbar sind und welche als weniger gewichtig eingestuft werden.
Ordinations- und Apparategemeinschaft
Besonders bewährt hat sich die gemeinsame Nutzung von Ordinationsräumen und medizinischen Geräten (Ordinations- und Apparategemeinschaft). Diese Gemeinschaftsform ermöglicht Ärzten die gemeinsame Nutzung von Räumen, Personal und Geräten, während jeder Arzt seine eigene Praxis und Patienten behält. Der Grad der Zusammenarbeit variiert je nach Organisation. Eine Meldung bei der Ärztekammer ist erforderlich. Vertragsärzte benötigen zusätzlich die Zustimmung der Ärztekammer und der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), wobei eine Serviceverbesserung für die Patienten nachgewiesen werden muss, z. B. durch erweiterte Öffnungszeiten.
Job-Sharing bei Kassenvertragsärzten
Ein Kassenvertrag kann auch zwischen zwei Ärzten geteilt werden. Eine entsprechende Vereinbarung gibt es seit rund 20 Jahren mit der Wiener Gebietskrankenkasse. Die Teilung des Kassenvertrags ist eine Variante im Kassenarztrecht, die dem Teilzeitdienstverhältnis bei angestellten Ärzten entspricht und helfen soll, dass außerhalb von Vertretungsmodellen eine kassenärztliche Tätigkeit begonnen werden kann. Fächer mit hohem finanziellem und personellem Einsatz wie Radiologie, medizinische und chemische Labordiagnostik, Pathologie und Physikalische Medizin sind von diesem Modell ausgenommen. Beim Job-Sharing gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, die u. a. in puncto Dauer von Bundesland zu Bundesland variieren.
Gruppenpraxis
Hier schließen sich Ärzte zusammen und treten als Gruppenpraxis auf. Diese kann als Offene Gesellschaft (OG) oder GmbH organisiert werden. Die Gruppenpraxis unterscheidet sich von einem lockeren Zusammenschluss mehrerer Ärzte in einer Gemeinschaftspraxis dadurch, dass sie als eigenständige juristische Person Träger von Rechten und Pflichten sein kann. In Gemeinschaftspraxen tritt nach außen hin, zum Beispiel gegenüber den Patienten, nicht die Praxisgemeinschaft, sondern jeweils der einzelne Arzt (als physische Person) in Erscheinung. Die Gruppenpraxis kann aufgrund ihrer eigenen Rechtspersönlichkeit Räume mieten, Personal einstellen und Verbrauchsmaterial oder Geräte kaufen. Wesentliche Kriterien sind:
• Gesellschafter müssen selbstständige Ärzte sein
• Persönliche Berufsausübungspflicht
• Anstellung von höchstens fünf vollbeschäftigten Personen pro Gesellschafter
In der Praxis und im Gruppenpraxengesamtvertrag werden drei verschiedene Formen der Invertragnahme einer Gruppenpraxis geregelt:
1. Zusammenschluss von zwei oder mehreren Vertragsärzten mit Einzelverträgen
2. Ausschreibung einer neuen Kassenplanstelle für eine Gruppenpraxis
3. Umwandlung einer bestehenden Einzelpraxis in eine Gruppenpraxis mit einem Arzt, der bis dato keinen Einzelvertrag hat
Anstellung von Ärzten bei Ärzten
Ärzte dürfen andere Ärzte in ihrer Praxis anstellen, wobei die Anzahl der Anstellungen durch Vollzeitäquivalente (40 Stunden/Woche) beschränkt ist. Eine Einzelordination darf ein Vollzeitäquivalent anstellen, Gruppenpraxen entsprechend der Gesellschafteranzahl, jedoch maximal zwei Vollzeitäquivalente. Der Ordinationsinhaber und Anstellungsarzt bleibt zur persönlichen Berufsausübung verpflichtet.
Primärversorgungseinheiten (PVE)
Ärzte für Allgemeinmedizin und Kinder- und Jugendheilkunde können sich um die Bildung von Primärversorgungseinheiten bewerben, sofern die Kassenstellenplanung dies vorsieht. PVEs erfordern mindestens zwei Vollzeitäquivalente und decken umfangreiche Öffnungszeiten ab. Es wird zwischen PVE-Zentren und PVE-Netzwerken unterschieden. Die Vorgaben des PVE-Gesamtvertrages und der regionalen Vereinbarungen müssen eingehalten werden.
Zusammenfassend bieten diese Modelle der Zusammenarbeit zahlreiche organisatorische und strukturelle Vorteile, die von der verbesserten Nutzung gemeinsamer Ressourcen bis hin zu erweiterten Versorgungsmöglichkeiten reichen. Interessierte Ärzte sollten sich umfassend informieren und sorgfältig abwägen, welche Form der Zusammenarbeit am besten zu ihrer Praxis und den Bedürfnissen ihrer Patienten passt.
Wenn Ärzte an ihre Grenzen stoßen und die Vorteile von Kooperationen mit Kollegen nutzen möchten, sollten sie sich eingehend mit den Vor- und Nachteilen der möglichen Formen der Zusammenarbeit befassen. Gemeinsam wachsen und stark werden ist eine Win-win-Situation für alle Beteiligten.