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ÄL Prim. Dr. Anhaus / APR GRAZ: Wie psychosoziale Rehabilitation den beruflichen Wiedereinstieg fördert

Psychosoziale Rehabilitation in einem ambulanten tagesklinischen Setting ist ein besonders nachhaltiges Konzept und wird seit etwa zehn Jahren in der APR Graz und APR Salzburg angeboten.

Psychosoziale Rehabilitation in einem ambulanten tagesklinischen Setting ist ein besonders nachhaltiges Konzept und wird seit etwa zehn Jahren in der APR Graz und APR Salzburg angeboten.

Autorin:
Prim. Dr. Susanna Anhaus
Ärztliche Leitung APR Graz – Ambulante Psychosoziale Rehabilitation Graz,
grazpromente-reha.at, www.apr-graz.at

Die Patienten absolvieren ein multimodales Therapieprogramm, das verschiedene therapeutische Zugänge unter fachärztlicher Führung vereint. Therapeutische Abläufe werden großteils als Gruppentherapien angeboten, wobei die Gruppendynamik einen wichtigen Beitrag zum Rehabilitationserfolg liefert. Orientiert an den persönlichen Reha-Zielen können therapeutische Abläufe, ärztlich angeordnet, auch variiert und erweitert werden.

Viele hilfreiche Zugänge zum Alltag der Rehabilitanden

Psychologische und psychotherapeutische Maßnahmen beinhalten Angebote, die einerseits mit der entstehenden Gruppendynamik arbeiten, andererseits aber auch ganz spezifische Therapien wie Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen, Resilienztraining, Stressmanagement und Training sozialer Kompetenzen anbieten. Wöchentlich findet ein psychotherapeutisches Einzelgespräch statt. Gestaltungs- und kreativ-therapeutische Angebote beinhalten Ergotherapie im klassischen Sinn, aber auch Wahrnehmungs- und Genusstraining, Musik- und optional Tanztherapie, bei Bedarf auch kognitives Training, Zeitmanagement oder Alltagstraining.  Sport- und Bewegungstherapie setzt sich zum Ziel, Bewegung wieder in den Alltag der Patienten zu bringen. Einzelphysiotherapie findet nach ärztlicher Indikation statt.
Sozialarbeit ist für viele Betroffene eine wichtige Maßnahme, da ja häufig finanzielle, berufliche und soziale Themen bestehen. Zudem wird in der Sozialarbeit ein Programm zur Förderung beruflicher Motivation und zum Setzen beruflicher Ziele angeboten.

Medizinische Betreuung und das ärztlich-therapeutische Gespräch

Die medizinische Betreuung wird unter anderem in regelmäßigen fachärztlichen Visiten durchgeführt und betrifft die Beaufsichtigung, eventuelle Neueinstellung und Anpassung einer medikamentösen Therapie, aber auch den Einsatz weiterer therapeutischer Maßnahmen. Das ärztlich-therapeutische Gespräch steht im Mittelpunkt. Alle Ärzte sind auch psychotherapeutisch ausgebildet. Ergänzt wird das medizinische Team durch psychiatrische Pflege und Diätologie. Patienten erhalten während des Aufenthaltes regelmäßig Informationen zu ihren Erkrankungen und deren Behandlung, vor allem aber zu gesundheitsförderndem Verhalten aus allen Reha-Berufen. Die Koordination aller rehabilitativen Maßnahmen erfolgt durch die behandelnden Ärzte.

Stress durch Arbeit und Beruf

Erwerbsarbeit ist normativ erwartete, geforderte und mit Lohn abgegoltene Leistung. Einerseits sind damit Faktoren wie Einkommen, Zeitstrukturierung, sozialer Status und Identität, soziale Beziehungen und Rolleneinnahme, Herausforderungen, Lernmöglichkeiten oder Erfolgserlebnisse verbunden. Andererseits sind das im Zuge geänderter Arbeitsanforderungen aber auch Wettbewerbs- und Zeitdruck, gesteigerte Anforderungen an Flexibilität, Mobilität und Anpassungsfähigkeit, Arbeitsplatzunsicherheit, Zunahme belastungsintensiver, personenbezogener Dienstleistungen, Zielvorgaben und Überwachungsprozeduren und vieles mehr. Das kann vermehrt zu Stressreaktionen führen, die langfristig gesundheitsschädigende Auswirkungen haben. Dies gilt für gesunde Personen und umso mehr für Menschen, die mit bereits bestehenden psychischen Einschränkungen leben. In diesem Zusammenhang bezeichnet Burnout das kritische Stadium einer – meist berufsbedingten – Verausgabungskarriere bei bisher leistungsfähigen Personen. Es ist durch einen Zustand tiefer psychophysischer Erschöpfung und daraus resultierender Funktionsbeeinträchtigungen gekennzeichnet. Auch Arbeitslosigkeit kann sich krankmachend auf Menschen auswirken und erhöht nachweislich die Suizidrate.

Berufliche Ziele formulieren

Durch die Struktur(gebung) des therapeutischen Angebotes werden allgemeine Fähigkeiten trainiert, die im beruflichen Alltag basale Voraussetzungen sind – wie etwa die Anpassung an Regeln und Routinen, Planen und Strukturieren von Aufgaben, aber auch Flexibilität und Umstellungsfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit, Durchhaltefähigkeit, oder Kontakt- und Beziehungsfähigkeit. Insbesondere in der ambulanten Rehabilitation werden auch weitere Fertigkeiten notwendig und geschult, wie etwa Zeitmanagement oder auch die Wegefähigkeit, die zum Beispiel bei Angsterkrankungen häufig eingeschränkt ist. Zudem wurden in das Therapieprogramm darüber hinaus – nachgewiesen wirksame – Gruppenangebote aufgenommen, die spezi­fische berufliche Fertigkeiten trainieren. Dies ist der Fall im Programm „Stressmanagement“ von G. Kaluza (GKM-Institut für Gesundheitspsychologie, Marburg) und auch im „Gruppentraining sozialer Kompetenzen“ von Hinsch und Pfingsten (GSK-Training.de), die einerseits Informationen zu diesen Themen, andererseits aber auch gezielt Praxis in Form von Übungen und Rollenspielen anbieten. „ZAZO“ (Zielanalyse und Zieloperationalisierung) ist ein Programm zur Förderung beruflicher Motivation, das von Dr. R. Fiedler (Uniklinikum Münster) und Mitarbeitern entwickelt wurde und in dem – teils auch imaginativ und spielerisch – Zugang zu beruflichen Zielen Thema ist, aber auch, wie man deren Verwirklichung planen kann.  Sowohl in der Gruppe als auch im Einzelsetting werden allgemeine und konkrete individuelle Fähigkeiten in der Ergotherapie trainiert. Dies betrifft Fertigkeiten wie Konzentrationsfähigkeit, Planung und Zeitmanagement, viele basale Fertigkeiten und auch Grundlagen wie Teamfähigkeit, Impulskontrolle und Selbstreflexion. Psychosoziale Rehabitation kann also durchaus Resilienz und Arbeit fördern.

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Foto:istockphoto/woojpn
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Prim. Dr. Susanna Anhaus. Foto: zvg