Zu den vielen Herausforderungen, die mit der Gründung einer Ordination einhergehen, gehört es auch, sich vorab vor verschiedenen Szenarien rechtlich abzusichern. Wenn der Arzt die Praxis mietet: „Grundsätzlich ist es immer gut, für schlechte Zeiten, etwa wenn sich der erhoffte wirtschaftliche Erfolg nicht einstellt, das Recht zur Weitervergabe des Mietverhältnisses bzw. Untervermietung zu vereinbaren“, nennt Dr. Leonhard Göbel, Rechtsanwalt und Partner bei Nepraunik & Prammer Rechtsanwälte, nur ein Beispiel. Auf die Weitergabe des Mietvertrags an einen Dritten habe der Mieter nämlich keinen Anspruch. Und in Mietverträgen seien oft Untermietverbote vorgesehen. Nur im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG) darf der Mieter Teile der Ordination trotz Untermietverbots untervermieten.
„Ebenfalls ist es empfehlenswert, wenn durch die ärztliche Tätigkeit Emissionen verursacht werden, etwa wenn ein Zahnarzt laut bohrt, im Mietvertrag festzuschreiben, dass dies gestattet ist“, so Göbel weiter. Der Hintergrund: Emissionen wie Lärm, Gerüche und Erschütterungen müssen von den Nachbarn nur dann geduldet werden, wenn sie das ortsübliche Ausmaß nicht überschreiten. Daran kann der Mietvertrag zwar nichts ändern. Wird aber der Arzt trotz Erlaubnis im Mietvertrag von den Nachbarn in Anspruch genommen, hat er zumindest Schadenersatz- oder Mietzinsminderungsansprüche gegen den Vermieter.
Auch für die Zugänglichkeit ins Objekt sollte man sorgen, meint Göbel und erwähnt als weiteres Beispiel die Möglichkeit bzw. Erlaubnis, beim Eingangstor zum Gebäude eine Türöffner-Arztschaltung anzubringen. Ein großes Thema für Ärzte, die eine Praxis neu gründen, ist auch Barrierefreiheit. „Auch beim Kauf“, sagt Göbel. „Erwirbt man nämlich eine Ordination im Eigentum, müssen etwaige Maßnahmen zur Herstellung der Barrierefreiheit mit den anderen Eigentümern abgestimmt werden.“ Und zwar mit allen. Der Rechtsanwalt empfiehlt auch, bei einem Kauf vorab abzuklären, ob die allgemeinen Teile des Hauses für Ordinationszwecke nutzbar sind.
Wichtig: Widmung als Ordination
Von besonderer Bedeutung ist das Vorliegen der entsprechenden Widmung, und zwar sowohl der baurechtlichen als auch der wohnungseigentumsrechtlichen Widmung. So kommt es laut Experten immer wieder vor, dass keine Widmung als Ordination vorliegt. Im schlimmsten Fall kann der Arzt dann mit einer Unterlassung durch die Baubehörde oder Unterlassungsansprüchen der anderen Hausbewohner konfrontiert werden.
„Will der Arzt auf Nummer sicher gehen, sollte er sich mit der wohnungseigentumsrechtlichen und baurechtlichen Widmung beschäftigen“, sagt Göbel. Um Letzteres zu checken, könne man etwa bei der zuständigen Baubehörde, der MA37 (in Wien) bzw. der Gemeinde Einsicht in die Baupläne nehmen. Im Falle der Miete sei es zudem besonders wichtig, dass im Mietvertrag als Mietzweck zugesichert werde, dass das betreffende Objekt als Ordination nutzbar sei. „Aber grundsätzlich kann sich der Mieter beim Vermieter schadlos halten“, sagt Göbel, nur um zu konkretisieren: „Ein Arzt hat Schadenersatzansprüche bzw. einen Mietzinsminderungsanspruch bis auf null, wenn das Mietobjekt nicht zum vereinbarten Mietzweck, also als Ordination, benutzbar ist bzw. falls die entsprechende Widmung nicht gegeben ist und er zur Unterlassung des Ordinationsbetriebs gezwungen ist.“
Kniffeliger ist es auch, wenn der Arzt ein WE-Objekt (für „Wohnungseigentum“) gekauft hat, um eine Ordination zu gründen. Stellt sich nachträglich raus, dass die Ordination eigentlich ausschließlich zu Wohn- oder Bürozwecken oder für eine sonstige Verwendung gewidmet ist, läuft er Gefahr, von den anderen Wohnungseigentümern im Haus auf Unterlassung geklagt zu werden. „Die Wohnungseigentumswidmung kann von jedem Eigentümer aufgegriffen werden“, erklärt Immobilienrechtexperte Göbel. Daher sei es unerlässlich, sicherzustellen, ob die Widmung für Ordinationszwecke vorliegt. Das könne man im Regelfall dem Wohnungseigentumsvertrag oder dem Nutzwertgutachten entnehmen. „Schon ein Blick ins Grundbuch, das heißt auf die Bezeichnung des Wohnungseigentumsobjekts, liefert erste Hinweise.“ pb